Piratenchauvinismus

Im BE sollte heute eine Podiiumsdiskussion im Foyer, veranstaltet vom Magazin Cicero stattfinden. Dazu kam es nicht, weil 10 Protestler (in Worten: zehn) im Saal alle Versuche niederbrüllten, auch nachdem ihnen das Wort erteilt worden war um ihre Position vorzutragen.

Der Piratenpolitiker Delius wird zitiert, er habe auf Twitter #keinfussbreit als Begründungsparole vorgebracht.

Ich stehe nun Herrn Sarrazin in so mancher Hinsicht fern. Nicht nur bin ich nicht seiner Meinung, ich behaupte auch, dass vieles nicht stimmt, was er sagt.

Etwa, wenn es dieses angebliche linke Meinungskartell gibt – wie konnte dann Kohl 16 Jahre regieren, wie Schröder die Spitzensteuer senken, und jetzt haben wir schon 100 Jahre Merkel am Backen.

Und er veröffentlicht vorab in BIld und Spiegel und taucht in mehreren Sendungen des ÖR-Fernsehens auf, und kann dort seine Thesen vertreten – wo ist da die Zensur, der Meinungsterror?

Ich meine, man hätte genug Gründe sich in eine faire Diskussion zu begeben, und aufzuzeigen, dass man die besseren Argumente hat. Die Rede eines anderen stören muss man nur, wenn man selbst nicht anders zu Wort kommt, aber die Gegenpositionen zu Sarrazin kommen natürlich normalerweise auch zu Wort – nicht aber im BE, wo ja auch diesen Personen die Auseinandersetzung vereitelt wurde.

Demokratie ist für mich weniger ein Inhalt, als eine Form. Wie man zu einem Ergebnis kommt – das macht die Demokratie aus, nicht so sehr das Ergebnis selbst.

Jetzt lese ich, dass der Mob die These Sarrazins bestätigt habe, aber dazu trug auch die Haltung des Theaters bei, die Rechte der Redner und des Publikums nicht mit Polizeigewalt durchzusetzen, sondern sich von 10 Störern auf der Nase herumtanzen zu lassen. Das war nun keine Mehrheit, nicht die deutsche Gesellschaft, sondern eine Minderheit.

Ich frage mich, ob eine linke Elite ein schlechtes Gewissen dabei hat, eine Nische gefunden zu haben, in der sie nicht schlecht lebt und die Auseinandersetzung mit heutigen Aktivisten deshalb scheut. Waren deren Bekenntnisse für Meinungsfreiheit nur instrumentalisiert und ging es denen ehemals immer nur um die eigene Meinung, die frei sein müsste?

Die Freiheit der Andersdenkenden wird nur insoweit gelobt, als man sich selbst als Andersdenkender erlebt, aber dieser Delius und Konsorten meinen, dass das BE ihnen, sprich, einer Clique gehört, und wenn sie die Macht haben jemanden stumm zu halten, dann tun sie es. Sie legen das gleiche, unzivilisierte Revierverhalten an den Tag wie die Kämpfer um national befreite Zonen.

Bei 100 Störern hätte ich noch verstanden, dass man schlecht rausfinden kann, wen der Gäste man rauswirft, und wen nicht, und dass es ziemlich dauert. Aber 10 Leute – da könnte man doch sagen: „Sie da, Reihe 2, mit dem blauen Parka, wenn Sie weiter stören verweise ich Sie des Saals!“ Und dann: „Gehen Sie raus, oder ich zeige Sie an wegen Hausfriedensbruch.“ um denjenigen dann rauswerfen zu lassen. Nach dem 3. Rauswurf würde man sehen, ob noch weiter gestört würde – selbst wenn hätte man in 20 Minuten 10 Leute draußen.

Man muss sich zur Not auch unbeliebt machen, aber aus welcher Position hätte man dann Sarrazin entgegentreten können! Ich ärgere mich über die vertane Chance. Fast denkt man ja, man sollte solche Proteste inszenieren, mit Drohungen gedungene Störer des Saals verweisen, um Sarrazins Position in Misskredit zu bringen.

Sich penetrant und lautstark einmischen wäre gerechtfertigt, wenn man anders nicht zu Wort kommt. Hier wollen sich vielleicht die Störer selbst in die Position der verfolgten Unschuld begeben – den Gefallen hätte man ihnen tun können.

So hat man aber alle Seiten gleichermaßen verraten und niemandem gedient.

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